Porsche 918 Spyder: Zuffenhausen zeigt Plug-in-Hybrid mit 887 PS Systemleistung auf der IAA 2013

BMW, Opel, Audi oder Range Rover: Sie alle bringen zur kommenden IAA ihre neuesten Hybrid-Boliden in Form von fabelhaften Studien oder serienreifen Sportlern auf die Bühne. Auch Porsche wird mit einem Plug-in-Hybriden für Aufsehen auf der internationalen Automobilausstellung sorgen. Doch dank zweier Elektromotoren und einem extrem leichten V8-Benziner bringt es der neue Plug-in-Hybrid Porsche 918 Spyder in nur 2,8 Sekunden auf Hundert und gönnt sich im Normverbrauch nur 3,3 Liter je 100 Kilometer. Adieu Konkurrenz! Brachial ist allerdings auch der Grundpreis von träumerischen 789.026 Euro, der das Zuffenhausener Spielzeug so gut wie unbezahlbar macht.

Zugegeben, der erste Vergleich mit BMW i8, Opel Monza Concept, Audi quattro Sport e-Tron oder erst recht Range Rover Sport Hybrid hinkt etwas. Schon eher sind es die verblüffenden Wundertüten und Superlative Ferrari LaFerrari (963 PS) oder McLaren P1 (917 PS), denen der Spyder Feuer unterm Hintern machen soll. Zwar verzichtet man auch beim Zuffenhausener Hybrid-Schurken nicht auf relevante Themen wie Umwelt und ökologische Verbrauchswerte, und trotzdem merkt man ihm die Motorsport-Gene aus dem nicht weit entfernten Porsche-Rennsportlager deutlich an. Dieses Mal handelt es sich also weder um einen halbherzigen Hybrid-Kompromiss oder ein studienartig propagiertes Fabelwesen, als mehr um einen nahezu serienreifen Supersportler, der trotz geringem Normverbrauch die Leistungswerte eines waschechten Racers entfalten kann.

Sensationelle Leistungswerte und ein Antrieb par excellence

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Sensationell, was der zweisitzige Spyder bewerkstelligt: 887 PS Systemleistung bringt der Hybrid-Sportler durch trockensumpfgeschmierten Direkteinspritzer-Verbrenner und Elektroantriebe zusammen. Allein das vom LMP2-Rennwagen RS Spyder abgeleitete 4,6-Liter-V8-Triebwerk erreicht eine Leistung von 608 PS bei 8.600 Umdrehungen pro Minute – und wiegt mit 140 Kilogramm weniger als so mancher Vier- oder gar Sechszylinder mit Turboaufladung. Während die Literleistung von 132 PS pro Liter zunächst nur auf dem Datenblatt beeindruckend ist, zaubert einem die Höchstdrehzahl von 9.150 Umdrehungen pro Minute ein breites Grinsen ins Gesicht. Im rein elektrischen Fahrmodus (E-Power) gleitet der 918 Spyder so lautlos wie ein heranpirschendes Raubtier dahin, bis im „Race-Hybrid“-Modus der zusätzlich aktivierbare „Hot Lap“-Knopf am Lenkrad bedient werden kann. So wird dem teuflisch aufheulenden V8-Sauger die meiste Leistung abverlangt. Und wer mit dem 918 Spyder gerade nicht auf Rennstrecken unterwegs ist, kann sich auch von den Modi „Hybrid“ oder „Sport-Hybrid“ begeistern lassen. Im Hybrid-Modus arbeiten sowohl Elektromaschinen als auch reibungsoptimierter Verbrenner abwechselnd mit stetigem Fokus auf höchste Effizienz zusammen, während das riemenlose V8-Triebwerk im letzteren Modus immer aktiviert ist und hier den Hauptantrieb übernimmt. Außerdem können die Elektromotoren bei Bedarf für einen zusätzlichen Boost sorgen. Der mit einer extrem dünnwandigen Abgasanlage gekoppelte V8-Motor bringt allein 530 Newtonmeter Drehmoment bei 6.600 Umdrehungen auf die Kurbelwelle. Zusammen mit den Elektroantrieben verknüpft der kompakte V8 ein Systemdrehmoment von 1.068 Newtonmetern. Für die Kraftübertragung ist ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (PDK) zuständig, welches durch die tiefe Einbaulage dem niedrigen Fahrzeugschwerpunkt zugutekommt. Apropos niedrig: Optional bietet Porsche auch ein elektropneumatisches Liftsystem für den 918 Spyder an, was den Alltagsbetrieb deutlich verbessern dürfte und auch Ausfahrten in 30er-Zonen, verkehrsberuhigten Bereichen (Stichwort Bremsschwelle) oder unebenen Gefilden gestattet. Zusammen mit dem variablen Dämpfersystem PASM und der Hinterachslenkung fährt sich der 918 Spyder bei Belieben wie ein jedes Alltags-Auto.

Ausgeklügeltes Hybridsystem erlaubt Normverbrauch von 3,3 Litern

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Während beispielsweise BMW mit dem neuen i8 auf nur einen Elektromotor setzt, kommen im 918 Spyder gleich zwei Elektroantriebe zum Einsatz. Einer davon arbeitet mit dem V8-Triebwerk zusammen und versteckt sich im Mittelmotor-Sportwagen – ganz gleich der am normalen Stromnetz aufladbaren und rund 138 Kilogramm schweren Lithium-Ionen-Batterie – direkt hinter dem Fahrer. Der zweite Elektromotor befindet sich mit fester Übersetzung an der Vorderachse, wird durch eine Trennkupplung allerdings auch ab 235 km/h abgekuppelt. Trotzdem geht es mit dem Elektro-Verbrenner-Verbund der Hinterachse im Über-Porsche auf mehr als 340 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der autonome Elektroantrieb an der Vorderachse leistet rund 95 kW (129 PS) und macht je nach Zusammenspiel mit dem Hybrid-System der Hinterachse einen Allradantrieb möglich, der das Antriebsmoment je Achse elektronisch regeln kann und somit Fahrdynamik auf höchstem Niveau ermöglicht. Die flüssigkeitsgekühlte Batterie hinter den Sitzen kann mit einer per zehn Ampere abgesicherten 230-Volt-Steckdose in nur vier Stunden aufgeladen werden. Noch schneller und in nur 25 Minuten lässt sich die Hochvoltbatterie durch eine Schnell-Ladestation mit ausreichender Energie füttern. Und für den Fall der Fälle gewährleistet Porsche sieben Jahre Garantie für den kostspieligen Energiespeicher und vier Jahre Garantie für das Fahrzeug an sich. Im rein elektrischen Modus erreicht der 918 Spyder das Landstraßentempo in weniger als sieben Sekunden. Bis zu einem Tempo von 150 km/h können rund 30 Kilometer rein elektrisch und damit lokal emissionsfrei zurückgelegt werden. Doch wie bei allen Plug-in-Hybriden liegt das Hauptaugenmerk auch hier auf dem durchschnittlichen Normverbrauch im EU-Zyklus. So soll der 918 Spyder nur 3,3 Liter Super auf 100 Kilometer schlucken. Durch das verwindungssteife Carbon-Monocoque bringt der Spyder mit ultraleichtem Kohlefaser-Targadach ein Gesamtgewicht von nur 1.675 Kilogramm auf die Waage. Zum niedrigen Fahrzeuggewicht tragen weiterhin der aus ebenfalls Kohlefaser gefertigte Öltank oder Luftfilterkasten bei. Die Achslastverteilung des 918 Spyders liegt bei 57:43.

Verstellbare Aerodynamik-Komponenten (PAA)

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Verstellbare Aerodynamik-Komponenten sind derzeit ganz groß im Kommen. Ebenso wie Ferrari den kommenden 458 Speciale mit einer aktiven Aerodynamik ausstattet, verfügt auch der 918 Spyder über eine solche Lösung. Je nach Fahrmodus wird der ausfahrbare Heckflügel elektronisch gesteuert steil oder weniger steil verstellt, was einem hohen Anpressdruck auf der Hinterachse entgegenkommt und den Hybrid-Boliden je nach Stellung entweder auf der Rennstrecke oder bei hohen Endgeschwindigkeiten stabil hält. Außerdem befinden sich verstellbare Luftklappen im Unterboden vor der Vorderachse, womit Luft durch Diffusorkanäle geleitet werden kann. Neben dem verstellbaren Heckflügel erhält der nur 1,17 Meter flache Spyder auch einen ausfahrbaren Spoiler, der bei Höchstgeschwindigkeiten im „Sport“-Modus ausgefahren bleibt. Wird der Spyder im „E“-Modus bewegt, werden sowohl Heckflügel als auch Spoiler eingefahren, Unterbodenklappen geschlossen und der Luftwiderstand letzten Endes möglichst niedrig gehalten.

Schneller als Carrera GT auf der Nürburgring-Nordschleife

Das Hybrid-Konzept des 918 Spyder hat sich bereits im Rennstrecken-Einsatz beweisen können. So absolvierte der Prototyp des 918 Spyder die Nürburgring-Nordschleife vor rund einem Jahr in nur sieben Minuten und 14 Sekunden. Damit hat sich auch gezeigt, dass der neue Plug-in-Hybrid dem Vorgänger Carrera GT mehr als nur ebenbürtig ist. Denn der Supersportwagen mit 5,7-Liter-V10 benötigte mit sieben Minuten und 32 Sekunden genau 18 Sekunden länger für eine Fahrt durch die grüne Hölle.

Optionales „Weissach“-Paket bringt Motorsport-Optik und Mehr-Performance

Doch als ob der 918 Spyder leistungsseitig und in preislicher Hinsicht nicht satt genug wäre, bietet Porsche auch ein optionales „Weissach“-Paket an. So sind diverse Karosserieteile wie Dach, Heckflügel, Rückspiegel oder Frontscheibenrahmen aus hochwertigem Sichtcarbon gefertigt und das Exterieur zeigt sich dank modifizierter Farben und Aufschriften im Style einen Porsche-Rennwagens. In Kombination mit speziellen Magnesium-Schmiede-Rädern sinkt das Fahrzeuggewicht um rund 35 Kilogramm auf nur 1.640 Kilogramm. Durch die Schmiederäder werden die rotierenden und ungefederten Massen erheblich reduziert, was die Lenkbarkeit verbessert und letztlich einer spürbar schärferen Fahrdynamik beisteuert. Gleiches gilt im Übrigen auch für die schon serienmäßig verbaute Hochleistungsbremsanlage mit gelochten Keramik-Bremsscheiben in 410 Millimeter vorne und 390 Millimeter hinten. Außerdem bleibt das Interieur durch diverse Alcantara- statt Lederbezüge und Carbon- statt Alu-Komponenten vom aufpreispflichtigen Weissach-Paket nicht unangetastet. Zudem stehen Fahrer- und Beifahrer Sechspunktgurte und dem Exterieur zusätzliche Aerodynamik-Anbauteile zur Verfügung.

Seelenlose Elektroantriebe?

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Auch wenn sich der neue Hyper-Porsche unter die Liga der erlesenen Supersportwagen einreiht, ist er das wohl derzeit innovativste Serienfahrzeug der Zuffenhausener. Anfängliche Anzeichen gab Porsche schon im Jahr 2010, als der 918 Spyder auf dem Genfer Automobilsalon in einer ersten Studie enthüllt wurde. Seitdem hat sich viel getan. Und während Porsche einige Jahre später immer noch am Spyder gefeilt hat, haben die gefürchteten Konkurrenten Ferrari oder McLaren ihre Hybrid-Konzepte schon längst zur Serienreife gebracht. Klar ist aber auch, dass die mit allerlei Technik zugestopften Plug-in-Hybriden der Traum eines jeden Durchschnittsbürgers bleiben werden. Doch sie steuern dem Öko-Image der reinrassigen Luxus-Marken bei. Und sie zeigen, dass selbst bemerkenswerte Fahrleistungen künftig kaum noch ohne die so häufig als seelenlos bezeichneten Elektroantriebe realisierbar sein werden.

Wer einen Ausblick auf den serienreifen 918 Spyder werfen möchte, sollte in jedem Fall die IAA 2013 vom 12. bis 22. September durchkreuzen und dem Porsche-Stand einen Besuch abstatten. Schon im Herbst 2013 soll der limitierte Spyder erhältlich sein. Dabei schlägt jedes der auf die Stückzahl von – wie könnte es anders sein – 918 limitierten Exemplare mit mindestens 789.026 Euro zu Buche.